Die beiden Kommentatoren bei Eurosport kamen aus den Lobeshymnen und Superlativen gar nicht mehr heraus. Und so war das Spiel von Rafael Nadal im Finale von Roland Garros 2017 auch!
Stan Wawrinka hatte im Turnierverlauf alle seine Matches souverän gewonnen. Nur das Halbfinale dauert über 4 Stunden und war daher natürlich kräftezerrend. Aus meiner Sicht sind die Profis allerdings so fit, dass ein voller Tag Pause zur Regeneration ausreichen sollte. Es waren fast 48 Stunden zwischen dem Ende des Halbfinales und dem Beginn des Finales. Bei der professionellen Betreuung und dem Fitnesslevel war Stan zumindest in den ersten beiden Stunden nicht gehandicapt. Das kann ich mir nicht vorstellen. Allerdings habe ich auch gesehen, dass er im dritten Satz manchmal schon ganz schön pumpen musste. Das lag aber sicherlich auch teilweise an den heißen Temperaturen.
Nach Aussage von Onkel Toni ist der aktuelle Nadal der beste seit 4 bis 5 Jahren. Damit hat er natürlich Druck auf seinen Neffen aufgebaut, aber auch die Konkurrenz eingeschüchtert. Generell ist das Spiel von Nadal sicherer und vor allem kompletter geworden. Mit der Vorhand wurden dieses Jahr alle Gegner wie von einem Tornado immer mehr nach hinten gedrängt. Meisten in die Rückhandecke. Wenn die „Mühle“ (Aussage Boris Becker bei Eurosport) dann einmal lief, war der Punkt in der Regel gelaufen.
Auffällig aus meiner Sicht war das ganze Jahr über schon die Rückhand von Rafa. Diese hat sich sehr verbessert. Der Ball fliegt mit sehr viel Topspin übers Netz oder wird hart mit einem extremen Winkel geschlagen. Ich finde auch, dass Nadal die Vorhand nicht mehr so häufig umläuft wie früher. Er hat jetzt mehr Vertrauen in die Rückhand und spart damit natürlich auch einiges an Kraft.
Soweit ich hier noch Tipps geben darf oder kann: Nadal könnte ab und zu mal einen Stoppball einstreuen. Der Gegner wird durch den extremen Topspin weit nach hinten gedrängt, so dass ein Stopp unerreichbar wäre. Und selbst wenn der Stopp erlaufen wird, kostet das den Gegner viel Kraft. Djokovic streut Stoppbälle immer sehr gut ein. Vielleicht wäre das noch eine Option für Nadal.
Nadals Freundschaft zu Lopez hat auch zu einer Verbesserung seines Spiels geführt. Das sichere Spiel am Netz lässt Nadal häufiger ans Netz gehen und damit ist er auch noch richtig erfolgreich. Das stärkt natürlich das Selbstvertrauen in den Volley und macht sein Spiel noch schwieriger für den Gegner. Denn sobald ein Ball zu kurz kommt, folgen der Angriff und der fast sichere Punkt.
Das Finale hat gezeigt, wie perfektes Sandplatztennis funktioniert. Sehr schade, dass damit die Saison schon wieder vorbei.
Wie geht es jetzt weiter mit Nadal? Er hat gesagt, dass er so lange spielen wird bis es ihm keinen Spaß mehr macht. Vielleicht hört er auch auf, wenn es am schönsten ist. Wenn er 2018 noch mal in dieser außergewöhnlichen Form sein sollte und er Roland Garros erneut gewinnt, könnte ich mir vorstellen, dass er dann abtritt. Sampras hatte es ähnlich mit den US Open gemacht.